Immobilie (Haus oder Wohnung) geerbt – was nun? Verkaufen oder vermieten?

Das Haus oder die Wohnung der Eltern zu verkaufen, das fällt vielen schwer. Wer per Erbschaft zum Eigenheimbesitzer wird, steht vor der Frage: Wie geht es mit dem Objekt weiter?

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Elena Wetli

01.09.2022

Eine Person hält ein kleines Haus in beiden Händen.

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Erben Sie eine Immobilie, sehen Sie sich nebst der Trauer mit der Nachlassregelung konfrontiert. Comparis zeigt Ihnen, wie Sie das Erbe antreten oder ablehnen und wie es mit der geerbten Immobilie weitergehen kann.

1.Erbschaft annehmen oder ablehnen
2.Testament eröffnen und Erbschein beantragen
3.Steuern und Gebühren bei Immobilien begleichen
4.Geerbte Immobilie: Selbst bewohnen, vermieten oder verkaufen?

Erbschaft annehmen oder ablehnen

Zu Beginn des Erbprozesses gilt es abzuwägen, ob Sie das Erbe annehmen möchten oder nicht. Eine Annahme der Erbschaft verpflichtet auch zur Übernahme allfälliger Schulden der verstorbenen Person. Sie müssen innerhalb von drei Monaten nach dem Tod des Erblassers/der Erlasserin eine Entscheidung fällen. Lassen Sie die Frist verstreichen, gilt das Erbe in der Regel als angetreten. Die Frist ist entscheidend: Stellt sich im Nachhinein heraus, dass der oder die Verstorbene überschuldet war, haftet der Erbe für die Schulden. 

Vermuten Sie eine Überschuldung des Erbes? Dann sollten Sie sich über die Vermögensverhältnisse informieren. Falls sie von Amtes wegen keine Mitteilung erhalten,  können Sie bei der zuständigen Behörde die Aufnahme eines öffentlichen Inventars anfordern. Das müssen Sie binnen eines Monats nach dem Tod des Erblassers/der Erblasserin beantragen. Danach haben Sie vier Möglichkeiten:

  1. Sie nehmen die Erbschaft vorbehaltlos an. Sie haften für alle möglichen Schulden – auch für diejenigen, die nicht im Inventar aufgeführt sind.

  2. Sie nehmen die Erbschaft unter öffentlichem Inventar an. Hier haften Sie nur für diejenigen Schulden, die im öffentlichen Inventar vermerkt sind.

  3. Sie verlangen die amtliche Liquidation. Das Erbe wird verkauft. Für Schulden haften Sie in diesem Fall nicht mehr. Ergibt sich in der Liquidation nach Deckung der Schulden ein Über­schuss, so wird dieser den Erben überlassen.

  4. Sie schlagen die Erbschaft aus. Danach sind Sie nicht mehr erbberechtigt. Achtung: Haben Sie vom Erblasser bzw. von der Erblasserin bis fünf Jahre vor seinem/ihrem Ableben finanzielle Zuwendungen in Form von Schenkungen oder Erbvorbezügen erhalten, können diese von den Gläubigern zurückgefordert werden.

Schlagen alle Erben die Erbschaft aus, erfolgt ebenfalls eine amtliche Liquidation. Ergibt sich aus dem Verkauf des Erbes ein Überschuss, erhalten die Berechtigten das Geld zurück.

Öffentliches Inventar:

Die zuständige Behörde erstellt ein Verzeichnis der Vermögenswerte und Schulden der Erbschaft. Sie fordert alle Gläubiger und Schuldner auf, ihre Forderungen und Schulden innerhalb eines Monats anzumelden.

Achtung: Die Kosten für die Erstellung des Inventars gehen zu Lasten der Erbschaft. Reicht das Erbe nicht aus, müssen Sie allenfalls einen Kostenvorschuss leisten. Die Kosten können schnell mehrere tausend Franken betragen.

Testament eröffnen und Erbschein beantragen

Wissen Sie, ob der Erblasser ein Testament hinterlassen hat und wo es sich befindet? Dann sind Sie dazu verpflichtet, das Testament der zuständigen kantonalen Behörde weiterzureichen. Um die Einreichung eines öffentlich beurkundeten Testaments kümmert sich der Notar. In der Regel erhalten Sie einen Monat später Informationen über den Inhalt des Testaments. 

Beantragen Sie danach den Erbschein. Bis zur Ausstellung des Erbscheins ist das Vermögen des Erblassers blockiert. 

Erbschein:

Der Erbschein ermöglicht es den Erben, über das Erbe und somit auch über die Immobilie zu verfügen. 

Erbengemeinschaft: Wie weiter mit der gemeinsamen Immobilie?

Meistens sind Sie nicht der alleinige Erbe bzw. Erbin. Zusammen mit den gesetzlichen und im Testament festgehaltenen Erben bilden Sie dann eine Erbengemeinschaft. Sie entsteht automatisch mit dem Tod des Erblassers. Erben Sie gemeinsam eine Immobilie, stehen Sie vor komplexen Entscheidungen. Möchten Sie die Immobilie gemeinsam behalten? Oder doch die anderen Erben auszahlen? Im Artikel «Erbengemeinschaft: Wenn viele eine Immobilie erben» erfahren Sie mehr zum Thema.

Steuern und Gebühren bei Immobilien begleichen

Mit der Annahme des Erbes gehen verschiedene Steuern und Gebühren einher. Welche das sind und wie viel Sie bezahlen müssen, hängt vom Wohnkanton des Erblassers ab.

Erbschaftssteuer in der Schweiz

In der Schweiz erheben die Kantone die Erbschaftssteuer. Von Kanton zu Kanton gibt es grosse Unterschiede. Für die Berechnung ist der Verkehrswert des übertragenen Vermögens per Todestag massgebend. Das gilt auch für die Immobilie. Grundsätzlich fällt in demjenigen Kanton die Steuer an, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Immobilien sind hingegen im Standortkanton zu versteuern.

Gut zu wissen: Je näher Sie mit dem Erblasser verwandt sind, desto geringer fällt die Erbschaftssteuer aus. Manche Kantone befreien nahe Verwandte sogar ganz von der Steuer.

Die unten stehende Tabelle gibt eine Übersicht zu den Erbschaftssteuern in Schweizer Kantonen:

Kanton Ehegatten Nachkommen Eltern Geschwister Konkubinatspartner Andere
Aargau steuerfrei steuerfrei steuerfrei 6–23% 4–9% 12-32%
Appenzell A. steuerfrei steuerfrei steuerfrei 22% 12% bis 32%
Appenzell I. steuerfrei 1% 4% 6% 20% bis 20%
Baselland steuerfrei steuerfrei steuerfrei 15% 15% bis 30%
Basel-Stadt steuerfrei steuerfrei 5–11% 7,5–16,5% 7,5–16,5% 22,5-49,5%
Bern steuerfrei steuerfrei 6–15% 6–15% 6–15% bis 40%
Freiburg steuerfrei steuerfrei steuerfrei 5,25% 8,25% bis 22%
Genf steuerfrei steuerfrei steuerfrei 6–11% 20–26% bis 26%
Glarus steuerfrei steuerfrei 2,88–7,19% 4,6–11,5% 4,6–11,5% bis 28,75%
Graubünden steuerfrei steuerfrei steuerfrei 5% steuerfrei 15%
Jura steuerfrei steuerfrei 7% 14% 14% bis 35%
Luzern steuerfrei bis 2% 6–12% 6–12% steuerfrei bis 40%
Neuenburg steuerfrei 3% 3% 15% 20% bis 45%
Nidwalden steuerfrei steuerfrei steuerfrei 5% steuerfrei bis 15%
Obwalden steuerfrei steuerfrei steuerfrei steuerfrei steuerfrei steuerfrei
St. Gallen steuerfrei steuerfrei 10% 20% 30% bis 30%
Schaffhausen steuerfrei steuerfrei 2–8% 4–16% 10–40% bis 40%
Solothurn steuerfrei steuerfrei steuerfrei 4–10% 12–30% 12-30%
Schwyz steuerfrei steuerfrei steuerfrei steuerfrei steuerfrei steuerfrei
Thurgau steuerfrei steuerfrei 2% 4% steuerfrei 8%
Tessin steuerfrei steuerfrei steuerfrei 5,95–15,5% 17,85–41% bis 41%
Uri steuerfrei steuerfrei steuerfrei 8% steuerfrei bis 24%
Waadt steuerfrei 0,01–3,5% 2,64–7,5% 5,28–12,5% 15,84–25% bis 25%
Wallis steuerfrei steuerfrei steuerfrei 10% 25% bis 25%
Zug steuerfrei steuerfrei steuerfrei 4–8% steuerfrei bis 20%
Zürich steuerfrei steuerfrei 2–6% 6–18% 12–36% bis 36%

Stand: 23.6.2021. Angaben ohne Gewähr.

Handänderungs- und Grundstückgewinnsteuer

Wechselt die Immobilie den Besitzer, fallen zwei Steuern an: Die Handänderungssteuer und die Grundstückgewinnsteuer. Behalten Sie als Erbe oder Erbin das Haus, können Sie die Grundstückgewinnsteuer aufschieben. Das bedeutet: Sie müssen erst beim tatsächlichen Verkauf die Steuer nachzahlen. Grundsätzlich schulden Sie auch die Handänderungssteuer. Manche Kantone besteuern die Handänderungen bei einer Erbschaft aber weniger stark oder gar nicht.

Weitere Gebühren beim Erbantritt

Beim Erbantritt fallen weitere Kosten und Gebühren an. Das können etwa Todesfallkosten, Kosten der Erbteilung, der Willensvollstreckung und der amtlichen Erbschaftsverwaltung sein. Diese Kosten können auf Sie zukommen (nicht abschliessende Auflistung):

  • Schriftlicher Abzug des Testaments: In der Regel erhalten Sie einen schriftlichen Abzug des Testaments. Die Kosten gehen zu Lasten des Nachlasses.

  • Beantragung des Erbscheins: Die Gebühr für die Ausstellung des Erbscheins variiert von Fall zu Fall.

  • Eventuelle Aufnahme des Inventars: Ein öffentliches Inventar kostet schnell mehrere tausend Franken. Auch hier gehen die Kosten zu Lasten des Nachlasses. Reicht der Nachlass nicht aus, haftet der Gesuchsteller.

Behalten Sie die Immobilie, übernehmen Sie ausserdem die darauf lastende Hypothek. Prüfen Sie z.B. mit dem Comparis-Hypothekenrechner, ob Sie die Hypothek stemmen können. Sie sind nun auch für die laufenden Kosten der Immobilie verantwortlich. In manchen Fällen ist es zudem sinnvoll, die Immobilie bewerten zu lassen. Etwa wenn Sie Geschwister haben und das Erbe aufteilen müssen. 

Geerbte Immobilie: Selbst bewohnen, vermieten oder verkaufen?

Nach der Annahme des Erbes haben Sie grundsätzlich drei Möglichkeiten:

  1. Immobilie selbst bewohnen: Überlegen Sie sich, ob die geerbte Immobilie Ihre Wohnbedürfnisse erfüllt und ob Sie sich die Hypothek, deren Amortisation und den Unterhalt leisten können.

  2. Immobilie vermieten: Möchten Sie die Wohnung oder das Haus zu einem späteren Zeitpunkt selbst bewohnen, empfiehlt sich eine Vermietung. Eine Immobilie ist in der Regel auch eine sichere Wertanlage. Aus dem ortsüblichen Mietzins einer vergleichbaren Liegenschaft oder Wohnung lassen sich die zu erwartenden jährlichen Mieteinnahmen berechnen. Davon sind wiederum die laufenden Unterhaltskosten und Rückstellungen für eine grössere Renovation abzuziehen. Das ergibt die effektive Rendite der Liegenschaft. Achtung: Bei Einfamilienhäusern ist die Rendite oft ernüchternd. Ausserdem kommt bei einer Vermietung einiges an Arbeit auf Sie zu. Wer mit einer geerbten Immobilie so wenig wie möglich zu tun haben will, sollte sie verkaufen.

  3. Immobilie verkaufen: Gerade wenn Sie froh um eine finanzielle Entlastung sind, ist ein Immobilienverkauf eine gute Lösung. Auch für eine Erbengemeinschaft, bei der keine Partei die anderen auszahlen kann, ist ein Verkauf vernünftig. Dabei müssen Sie neben dem Verkehrswert auch die anfallenden Steuern beim Immobilienverkauf berücksichtigen.

Dieser Artikel wurde erstmals produziert am 01.09.2013

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