Wochenaufenthalt: Was gilt in der Schweiz?
Wohnen Sie wegen Arbeit oder Ausbildung unter der Woche an einem anderen Ort als am Wochenende, müssen Sie einen Wochenaufenthalt anmelden. Was ist ein Wochenaufenthalt und wo zahlen Sie Steuern? Comparis klärt auf.

05.05.2023

iStock / omersukrugoksu
1. Wann gilt man als Wochenaufenthalter?
Ein Wochenaufenthalt ist ein Aufenthalt an einem Wohnort ausserhalb des Lebensmittelpunktes aufgrund der Lebenssituation. Gründe für einen Wochenaufenthalt können sein:
Studium bzw. Ausbildung
Unselbstständige Arbeit
Bewohnen von Heimen, Kliniken und Anstalten, ohne dort den Lebensmittelpunkt zu haben.
Es handelt sich erst um einen Wochenaufenthalt, wenn Sie mindestens drei Monate am Stück oder drei Monate innerhalb eines Jahres am Aufenthaltsort wohnen. Entscheidend für den Status des Wochenaufenthalts ist eine regelmässige Rückkehr an den Freizeitort und die Bindung zu diesem.
Was bedeutet Lebensmittelpunkt?
Wo Ihr Lebensmittelpunkt ist, hängt von mehreren Faktoren ab:
Dauer des Verbleibens
Arbeitsverhältnis
Beziehungen und Zivilstand
Distanz zwischen Heimatort und Ort des Wochenaufenthalts
Wohnverhältnis
Weitere Kriterien wie z. B. das Alter und Vereinstätigkeiten
Lesen Sie, was das im Detail bedeutet:
Wochenaufenthalte gelten als vorübergehende Lösung. Mit der Länge des Wochenaufenthalts an einem Ort steigt auch die Bindung zu diesem.
Die Dauer des Verbleibens an einem Ort bezieht sich nicht ausschliesslich auf die gewünschte oder geplante Länge des Verbleibs. Bereits ein Aufenthalt über einen bestimmten Zeitraum genügt für die Definition des dauerhaften Aufenthalts. Dazu zählen zum Beispiel ein befristeter Arbeitsvertrag oder die Probezeit einer neuen Arbeitsstelle.
Grundsätzlich gilt: Je länger der Wochenaufenthalt, desto eher wird der Wochenaufenthaltsort zum Lebensmittelpunkt.
Die Bestimmung des Lebensmittelpunkts hängt auch mit dem Arbeitsverhältnis und dementsprechend finanzieller Abhängigkeit zusammen.
Bei Studierenden kann eine Erwerbstätigkeit ein Hinweis auf eine Verlagerung des Lebensmittelpunkts sein. Hier lässt sich leicht vereinfacht sagen: Je grösser das Arbeitspensum am Studienort, desto eher wird der Studienort zum Lebensmittelpunkt. Ein kleines Teilzeitpensum ändert in der Regel nichts am Wochenaufenthalter-Status.
Bei Arbeitnehmenden hängt der Entscheid über den Lebensmittelpunkt von den Beziehungen am Hauptwohnsitz und dem Wohnsitz des Wochenaufenthaltes ab.
Für Arbeitnehmende in leitender Funktion gilt eine besondere Regelung. In dem Fall verlagert sich der steuerrechtliche Wohnsitz an den Wochenaufenthaltsort, selbst bei starker Bindung zum Heimatort.
Bei Verheirateten kann es zu einer Aufteilung der Steuerpflicht kommen.
Ist eine Wochenaufenthalterin oder ein Wochenaufenthalter verheiratet oder unterhält ein Konkubinat, ist der Lebensmittelpunkt am gemeinsamen Wohnort. Ist das Konkubinat am Wochenaufenthaltsort, gilt dieser erst nach zwölf Monaten des Zusammenlebens als Lebensmittelpunkt. Haben beide Partner einen Wochenaufenthalt, entscheiden Behörden und Gerichte für den Einzelfall.
Starke familiäre und freundschaftliche Bindungen können allenfalls einen Lebensmittelpunkt begründen.
Ist der Fahrtweg zwischen dem Freizeitort und dem Arbeitsplatz zumutbar, gilt der Wochenaufenthaltsort als Lebensmittelpunkt. Die Definition der Zumutbarkeit unterscheidet sich je nach Kanton.
Beispiel
Im Kanton St. Gallen gilt die tägliche Rückkehr als zumutbar, wenn Sie bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den Hin- bzw. Rückweg nicht mehr als je 45 Minuten benötigen.
Im Kanton Schaffhausen gilt keine allgemeine Regel, aber «regelmässig zumutbar ist die tägliche Rückkehr an den Wohnort, wenn Arbeits- und Wohnort sich auf dem Gebiet oder in der Agglomeration des Kantons Schaffhausen befinden».
Die Grenzen der Zumutbarkeit sind zudem abhängig von:
Beginn und Ende der Arbeitszeit (z. B. im Schichtdienst)
der Dauer der täglichen Arbeitszeit
einem Spielraum bei der Arbeitszeit (z. B. Blockarbeitszeit oder Gleitzeit)
der Möglichkeit, einen Teil der Reise zum Arbeiten oder zur Erholung zu nutzen (z. B. bei längeren Zugfahrten)
der Art der Bewältigung des Arbeitsweges (z. B. öffentliche oder private Verkehrsmittel, häufige Wechsel der öffentlichen Verkehrsmittel)
der Möglichkeit, einen Teil der Arbeit im Home-Office zu erledigen
Die Grösse, Art und Möblierung der Wohnung spielen bei der Feststellung des Lebensmittelpunkts eine Rolle.
Hat die Wohnung am Wochenaufenthaltsort mehrere Zimmer und ist mehr als nur ein Ort zum Übernachten, ist dies ein Indiz für einen dauerhaften Aufenthalt. Haben Sie ein möbliertes Zimmer gemietet, spricht das aber für einen Wochenaufenthalt.
Haben Sie zum Beispiel am Heimatort eine 2½-Zimmer-Wohnung, gilt eine selbst möblierte 3½-Zimmer-Wohnung nahe der Arbeit als Zeichen für den Lebensmittelpunkt am Wochenaufenthaltsort.
Sind Sie unter 30 Jahre alt, spricht Ihr Alter für eine enge Bindung zum Elternhaus. Ab 30 Jahren nehmen Behörden häufig eine Loslösung von den Eltern an.
Ausserdem gelten folgende Kriterien für die Feststellung des Lebensmittelpunkts:
Politische Aktivität
Betätigung in Vereinen
Hausarzt oder Hausärztin
Telefonanschluss
Aufenthalt in Heimen, Anstalten und Kliniken
Aufenthalte in Heimen, Anstalten und Kliniken bilden einen Sonderfall. Der steuerrechtliche Wohnsitz wird je nach Freiwilligkeit und Zweck des Aufenthalts bestimmt. Die zeitliche Dauer spielt in diesen Fällen eine untergeordnete Rolle.
Heime und Kliniken
Ziehen Sie in ein Pflegeheim oder eine Klinik, spielen folgende Kriterien eine Rolle für die Bestimmung des Lebensmittelpunkts:
Dauer: Bleiben Sie dauerhaft oder geben Sie Ihre bisherige Wohnung auf, ist Ihr Lebensmittelpunkt in der Klinik oder dem Pflegeheim. Bleiben Sie nur für eine bestimmte Zeit im Heim oder in der Klinik und behalten Sie Ihre Wohnung, spricht das für einen vorübergehenden Aufenthalt. Ein Beispiel für einen vorübergehenden Aufenthalt ist das Auskurieren einer Krankheit.
Freiwilligkeit: Sind Sie freiwillig und bewusst in das Heim oder die Klinik gegangen? Dann begründen Sie damit einen neuen Wohnsitz. «Freiwillig» heisst in diesem Fall auch, wenn Sie durch die äusseren Umstände zu einem Aufenthalt gezwungen werden. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie auf Betreuung angewiesen sind oder aus finanziellen Gründen umgezogen sind.
Sind Sie jedoch nicht urteilsfähig, ist Ihr Umzug in ein Heim oder eine Klinik nicht freiwillig.
Anstalten
Bei einem Aufenthalt in einer Anstalt (z. B. Lehranstalt, Versorgungsanstalt, Gefängnis) gehen Behörden nicht von einem neuen Lebensmittelpunkt aus. Das liegt an zwei Gründen:
Bewohnende solcher Anstalten verlegen ihren Lebensmittelpunkt meist nicht freiwillig, sondern werden unabhängig von ihrem Willen durch Dritte eingewiesen.
Wohnen Sie in einer Anstalt, geben Sie Ihre Wohnung nicht auf und kehren anschliessend wieder an den Wohnsitz zurück.
2. Wo zahle ich Steuern als Wochenaufenthalter?
Als Wochenaufenthalterin oder Wochenaufenthalter zahlen Sie die Steuern an Ihrem Lebensmittelpunkt.
Gut zu wissen: Je nach Kanton und Gemeinde unterscheidet sich die Höhe der Steuern teils erheblich. Vergleichen Sie daher die Steuern, um den passenden Wohnort für Sie zu finden.
Kann ich den Wochenaufenthalt von den Steuern abziehen?
Ja, Sie können gewisse Kosten von den Steuern abziehen:
Unterkunft
Verpflegung
Fahrtkosten
Unterkunft
Sie können die Kosten für zwei Raumeinheiten abziehen. Dabei gilt ein Zimmer als eine Raumeinheit, Küche und Bad je als eine halbe Raumeinheit.
Rechenbeispiel
Formel zur Berechnung: Mietzins × 12 (Anzahl Monate) : (Anzahl Zimmer + 1) = Kosten für 2 Wohneinheiten
Beispiel: Sie mieten in Zürich eine 2-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad für 2000 Franken im Monat.
2000 × 12 : (2 + 1) = 8000
Sie können für die Unterkunft 8000 Franken von den Steuern abziehen.
Verpflegung
Sie können Kosten für die Verpflegung am Wochenaufenthaltsort von den Steuern abziehen. Die maximale Höhe des Abzugs pro Jahr je nach Situation können Sie folgender Tabelle entnehmen:
Situation | Maximale Höhe des Abzugs in Franken |
---|---|
Fall 1:
|
6'400 |
Fall 2:
|
4'800 |
Fall 3:
|
0 bis 3'200* |
Fall 4:
|
0 bis 1'600* |
Fall 5: Freie Kost | 0 |
* Hat die Wohnung eine Kochmöglichkeit, können Sie die Kosten für die Verpflegung nur bei berufsbedingter notwendiger Verpflegung im Personalrestaurant oder einer Gaststätte geltend machen.
Als Verbilligung vom Arbeitgeber gelten z. B. Kantinen und Kostenbeteiligungen.
Fahrtkosten
Wochenaufenthalterinnen und Wochenaufenthalter können die Kosten für eine Heimkehr in der Woche von den Steuern abziehen. Die Höhe der Kosten beschränkt sich auf die notwendigen Ausgaben für die öffentlichen Verkehrsmittel.
Die Ausnahme: Dauert die Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mehr als eine Stunde länger als mit dem Privatfahrzeug, können Sie die Kosten für das Privatfahrzeug geltend machen.
Zusätzlich können Sie die Ausgaben für den Fahrtweg vom Wochenaufenthaltsort zur Arbeitsstätte von den Steuern abziehen.
3. Was muss ich als Wochenaufenthalter beachten?
Planen Sie einen Wochenaufenthalt, müssen Sie sich innert 14 Tagen nach Umzug in der Wochenaufenthalts-Gemeinde anmelden.
Abstimmen und Wählen können Sie weiterhin an Ihrem Freizeitort. Am Ort des Wochenaufenthalts haben Sie nicht die Möglichkeit dazu.
Als Wochenaufenthalterin oder Wochenaufenthalter müssen Sie die Gebühren der Serafe nur an Ihrem Hauptwohnsitz zahlen.
4. Wie melde ich mich als Wochenaufenthalter an?
Je nach Gemeinde können Sie sich am Schalter, postalisch oder online anmelden.
Zur Anmeldung des Wochenaufenthalts benötigen Sie folgende Unterlagen:
Heimatausweis (auch Interimsausweis, Bescheinigung zum auswärtigen Aufenthalt oder Aufenthaltsausweis genannt)
Amtlicher Ausweis
Ausländerausweis (falls vorhanden)
Zusätzlich fragen einige Gemeinden noch nach weiteren Unterlagen, zum Beispiel:
Mietvertrag
Fragebogen zur Anmeldung eines Wochenaufenthalts
Begründung für den Wochenaufenthalt (z. B. Studierendenausweis, Lehrvertrag, Arbeitsvertrag)
Zivilstandsnachweis
Informieren Sie sich vor der Anmeldung bei der Gemeinde Ihres Wochenaufenthalts nach den benötigten Unterlagen.
Einige Gemeinden verlangen ausserdem eine Anmeldegebühr.
5. Internationaler Wochenaufenthalt
Internationale Wochenaufenthalterinnen und Wochenaufenthalter haben Ihren Hauptwohnsitz im Ausland und einen Wohnsitz zum Wochenaufenthalt in der Schweiz. Im Gegensatz zu Grenzgängerinnen und Grenzgängern kann Personen mit Wochenaufenthalt die tägliche Rückkehr an den Hauptwohnsitz nicht zugemutet werden.
Um den Wochenaufenthalt anmelden zu können, müssen Sie mindestens alle zwei Wochen an den Hauptwohnsitz reisen. Die meisten Kantone stellen bei einem internationalen Wochenaufenthalt eine Grenzgänger-Bewilligung G aus.
Haben Sie einen internationalen Wochenaufenthalt, müssen Sie Quellensteuer auf alle in der Schweiz erzielten Einkünfte zahlen. Das gilt auch, wenn Sie eine Niederlassungsbewilligung C oder das Schweizer Bürgerrecht haben. Wie bei einem nationalen Wochenaufenthalt können Sie gewisse Kosten von den Steuern abziehen.
Bei einem Wochenaufenthalt können Sie sich aussuchen, ob Sie Ihre Krankenversicherung in der Schweiz oder im Land Ihres Hauptwohnsitzes beziehen.