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Trotz Wohnungsnot: Schweizerinnen und Schweizer lehnen bauliche Gegenmassnahmen ab

Fast zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung nehmen einen Wohnungsmangel wahr. Trotzdem lehnt eine Mehrheit bauliche Lösungen gegen dieses Problem ab. Das zeigt eine repräsentative Comparis-Umfrage.

Alina Meister
Alina Meister

19.06.2025

Menschen stehen in Zürich Schlange für eine Wohnungsbesichtigung

Keystone / Walter Bieri

1.Mehrheit der Schweizer spürt Wohnungsmangel
2.Welche Lösungen gegen Wohnungsmangel gibt es?
3.Trotz Wohnungsmangel: Lösungen unerwünscht
4.Einsprachen bei Bauprojekten: Zustimmung wächst mit dem Einkommen
5.Fazit: Problembewusstsein vs. Veränderungsbereitschaft

1. Mehrheit der Schweizer spürt Wohnungsmangel

Die neue Comparis-Studie zum Wohnraumbedarf zeigt: Der Wohnungsmangel in der Schweiz ist für viele spürbar. 61,4 Prozent der Bevölkerung sind der Meinung, dass es in ihrer Region zu wenige Wohnungen gibt. 

Am deutlichsten ist der Wohnungsmangel in der Westschweiz (65 Prozent) spürbar, gefolgt von der Deutschschweiz (61 Prozent). In der italienischsprachigen Schweiz hingegen nehmen nur 35 Prozent einen Wohnungsmangel wahr.

Wohnungsmangel besonders in den Städten spürbar

Der Wohnungsmangel macht sich vor allem in den Städten bemerkbar. 68,8 Prozent der in den Städten lebenden Schweizer Bevölkerung sind der Meinung, dass es zu wenige Wohnungen gibt. In der Agglomeration (57,5 Prozent) und auf dem Land (55,4 Prozent) ist der Wohnungsmangel etwas weniger spürbar.

2. Welche Lösungen gegen Wohnungsmangel gibt es?

Gegen den Wohnungsmangel gibt es verschiedene bauliche Lösungsansätze. Dazu zählen:

  • Bauen von höheren Gebäuden (z. B. mehr als sechs Stockwerke)

  • Dichtere Bebauung (z. B. kleinere Abstände zwischen Häusern und weniger Grünflächen)

  • Schaffung von neuen Bauzonen (z. B. auf aktuellen Landwirtschafts- oder Grünflächen)

3. Trotz Wohnungsmangel: Lösungen unerwünscht

Trotz der verbreiteten Wahrnehmung von Wohnungsmangel lehnt ein Grossteil der Bevölkerung bauliche Gegenmassnahmen ab. Am stärksten ist die Ablehnung gegenüber einer dichteren Bebauung und der daraus resultierenden Reduktion von Grünflächen (70,7 Prozent). 50,7 Prozent der Befragten sprechen sich gegen höhere Gebäude aus.

Viele Leute erleben Wohnungsmangel als Problem – aber sie möchten ihr gewohntes Umfeld trotzdem nicht verändern. Der Wunsch nach mehr Wohnraum trifft auf den Wunsch nach Lebensqualität. Das erzeugt einen Zielkonflikt, den viele verdrängen.

Portraitbild von Comparis-Immobilien- und Finanz-Experte Harry Büsser
Harry BüsserComparis-Immobilienexperte

Gender-Gap bei der Verdichtung: Männer wollen hoch hinaus – Frauen lieber nicht

Besonders ausgeprägt ist die Ablehnung gegen bauliche Massnahmen bei Frauen: 57,4 Prozent lehnen höhere Gebäude ab – bei den Männern hingegen ist es umgekehrt: Eine Mehrheit (53,2 Prozent) befürwortet höhere Gebäude. Auch bei der Reduktion von Grünflächen lehnen 75,6 Prozent der Frauen solche Eingriffe ab – bei den Männern sind es nur 64,1 Prozent.

Video: Experte Harry Büsser gibt Einblicke in den Gender-Gap

Warum lehnen trotz Wohnungsnot vor allem Frauen bauliche Gegenmassnahmen ab? Immobilien-Experte Harry Büsser gibt im folgenden Video einen Überblick:

Junge sind baulichen Gegenmassnahmen gegenüber offener als Ältere 

Je jünger und gebildeter die Befragten, desto grösser ist die Zustimmung zu baulichen Lösungen. In den Städten sind 56,6 Prozent für höhere Gebäude. Auch höher gebildete Personen sind der Verdichtung gegenüber offener.

Wer jünger ist oder studiert hat, kennt meist verschiedene Wohnformen und sieht bauliche Verdichtung wahrscheinlich eher als notwendigen Schritt für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Bei Älteren überwiegt dagegen wohl oft der Wunsch nach Stabilität und Bewahrung des Status quo.

Portraitbild von Comparis-Immobilien- und Finanz-Experte Harry Büsser
Harry BüsserComparis-Immobilienexperte

4. Einsprachen bei Bauprojekten: Zustimmung wächst mit dem Einkommen

Mit 48,3 Prozent sind mehr Personen für eine Einschränkung von Einsprachen bei Bauprojekten als dagegen – da sind es 45,7 Prozent. Bei Haushalten mit einem Brutto-Haushaltseinkommen über 8'000 Franken pro Monat liegt die Akzeptanz für Einschränkungen bei Einsprachen sogar bei 54,6 Prozent. Bei Haushalten mit einem Einkommen von unter 4’000 Franken sprechen sich 50,4 Prozent gegen solche Einschränkungen aus. 

Eine Einsprache gegen ein Bauprojekt ist ein Rechtsmittel, mit dem sich direkt Betroffene gegen ein geplantes Bauvorhaben wehren können. Direkt Betroffene sind zum Beispiel Nachbarn. 

Das Ziel besteht in der Regel darin, die Einhaltung der geltenden Baugesetze und Vorschriften sicherzustellen. Verstösst das Bauprojekt gegen die Vorschriften, kann es gegebenenfalls verhindert oder verändert werden.

5. Fazit: Problembewusstsein vs. Veränderungsbereitschaft

Die repräsentative Umfrage von Comparis zeigt: Die Mehrheit der Bevölkerung erkennt den Wohnungsmangel – aber nur eine Minderheit ist bereit, bauliche Konsequenzen zu akzeptieren.

Wir sehen eine klassische NIMBY-Haltung: Not In My Backyard. Die Leute wollen Lösungen – aber möglichst nicht vor ihrer Haustüre. Das macht die Wohnbaupolitik besonders anspruchsvoll.

Portraitbild von Comparis-Immobilien- und Finanz-Experte Harry Büsser
Harry BüsserComparis-Immobilienexperte

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Methodik

Die repräsentative Befragung wurde durch das Marktforschungsinstitut Innofact im Auftrag von comparis.ch im April 2025 unter 1’011 erwachsenen Personen in allen Regionen der Schweiz durchgeführt. 

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