Vorsorgeauftrag hinterlegen: Damit alles geregelt ist

Wer soll Sie vertreten, falls Sie Ihre Urteilsfähigkeit verlieren? Erstellen Sie rechtzeitig einen Vorsorgeauftrag nach Ihren Wünschen. Comparis klärt auf, was Sie in der Schweiz dabei beachten müssen.

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Melanie Eberlein

11.01.2023

Was muss ich alles über einen Vorsorgeauftrag wissen?

iStock / Daisy-Daisy

1.Definition: Was ist ein Vorsorgeauftrag?
2.Warum brauche ich einen Vorsorgeauftrag?
3.Für wen ist er sinnvoll?
4.Was beinhaltet der Vorsorgeauftrag?
5.Wie erstelle ich einen Vorsorgeauftrag?
6.Wo kann ich einen Vorsorgeauftrag hinterlegen?
7.Wann wird der Vorsorgeauftrag gültig?
8.Was passiert, wenn kein Vorsorgeauftrag vorhanden ist?

1. Definition: Was ist ein Vorsorgeauftrag?

Ein Vorsorgeauftrag ist laut ZGB unter Erwachsenenschutzrecht in den Artikeln 360 ff geregelt und betrifft eine Verfügung, die es jeder Person ermöglicht, die eigene Versorgung für den Fall der Urteilsunfähigkeit zu planen und sicherzustellen.

Vorsorgeauftrag einfach erklärt

Bei Verlust Ihrer Urteilsfähigkeit etwa durch Krankheit oder einen Unfall können Sie vieles nicht mehr selbst bestimmen. In einem Vorsorgeauftrag benennen Sie eine oder mehrere Personen, Sie zu vertreten. Sogenannte Vertretungshandlungen können die Sorge um Ihre Person, das Vermögen sowie den Rechtsverkehr betreffen.

Mit dem Vorsorgeauftrag halten Sie Ihre persönlichen Wünsche und Interessen fest und wer sich um Ihre Angelegenheiten und Entscheidungen kümmert. Er kann umfassend oder nur auf bestimmte Bereiche beschränkt sein. Der Auftrag endet mit dem Wiedererlangen der Urteilsfähigkeit oder im Todesfall.

Die Patientenverfügung beinhaltet die konkrete Regelung von medizinischen Massnahmen. Der Vorsorgeauftrag hingegen bestimmt über administrative Aufgaben, das körperliche Wohlbefinden im Allgemeinen und die Vermögensverwaltung. Sowohl der Vorsorgeauftrag als auch die Patientenverfügung sind Teil des Vorsorgedossiers.

Für Vollmacht und Vorsorgeauftrag gilt: Bei Erstellung muss der Vollmachtgeber urteilsfähig sein. Die Vollmacht tritt sofort nach der Erstellung einer gültigen Version in Kraft. Einige Dienstleister, etwa Banken, akzeptieren die Vollmacht nur, solange die Person urteilsfähig ist.

Der Vorsorgeauftrag hingegen ist erst ab Verlust der Urteilsfähigkeit und der Validierung durch die Kesb gültig.

Ein Zustand der Urteilsunfähigkeit kann auch vorübergehend sein, etwa aufgrund einer psychischen Störung. Das Schweizerische Zivilgesetzbuch definiert Urteilsfähigkeit im Artikel 16 als die Fähigkeit, vernunftgemäss zu handeln.

2. Warum brauche ich einen Vorsorgeauftrag?

Mit einem Vorsorgeauftrag können Sie kostspielige und aufwändige Massnahmen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) verhindern. Diese leitet Untersuchungen ein, wenn sie von einer möglichen Urteilsunfähigkeit erfährt, und erklärt die betreffende Person gegebenenfalls als urteilsunfähig.

Zudem stellen Sie sicher, dass Entscheidungen in Ihrem Sinne getroffen werden.

3. Für wen ist er sinnvoll?

Nicht nur ältere Menschen betrifft das Thema Urteilsfähigkeit. Ein Vorsorgeauftrag ist für jede Person sinnvoll. Denn Sie können nicht vorausplanen, ob und wie lange Sie urteilsfähig bleiben und Entscheidungen selbst treffen können und dürfen.

Ein Unfall oder eine Krankheit wie Demenz oder eine psychische Störung kann schlagartig Ihren Zustand verändern. Deshalb sollten Sie sich frühzeitig mit Ihren Wünschen auseinandersetzen und ein Dokument hinterlegen.

Verheiratete und unverheiratete Paare können sich in einem Vorsorgeauftrag jeweils detailliert Vertretungsrechte zusichern. Sind Sie alleinstehend, setzen Sie eine Person Ihres Vertrauens im Vorsorgeauftrag ein und holen Sie vorgängig ihr Einverständnis ein.

4. Was beinhaltet der Vorsorgeauftrag?

Der Vorsorgeauftrag beinhaltet in der Regel drei Vertretungsbereiche.

Die Personensorge beinhaltet Anweisungen rund um Ihr körperliches, geistiges und seelisches Wohlbefinden. Sie beschreibt ähnliche Inhalte wie die Patientenverfügung. Darum sollten Sie, wenn möglich, zur Willensdurchsetzung die gleiche Person verwenden.

Es gilt: Die Personensorge kann nur einer natürlichen Person übertragen werden.

Hier bestimmen Sie Aufgaben und Verantwortlichkeiten bei finanziellen Angelegenheiten. Darunter fallen etwa Rechnungszahlungen oder die Vermögensverwendung. Sie können konkret bestimmen, wofür Sie Ihr Vermögen verwenden möchten.

Es gilt: Die Vermögensvorsorge können Sie neben Privatpersonen auch Banken oder anderen juristischen Personen zuteilen.

Die eingesetzte Person vertritt Sie gegenüber Banken, Behörden, Geschäftspartnern oder der Familie. Dabei geht es um den alltäglichen rechtlichen Umgang. Besondere Angelegenheiten, etwa ein Hausverkauf, sind nicht Bestandteil des Vorsorgeauftrags. Sie können Ausnahmen jedoch explizit festlegen.

Wichtig dabei: Das Dokument muss eine bestimmte Form haben. Die Aufgaben müssen detailliert und klar beschrieben sein.

Wer soll mich bei Urteilsunfähigkeit vertreten?

Sie können eine Person für alle drei Bereiche oder auch unterschiedliche Vertretungspersonen einsetzen. Beachten Sie bei Ihrer Entscheidung, dass Sie volles Vertrauen zu Ihrer Vertretung haben.

Ein Tipp: Suchen Sie im Vorfeld das Gespräch und stellen Sie kritische Fragen, etwa wie die Entschädigung festgelegt werden soll. Machen Sie sich auch Gedanken, wer Ihre Vertretungsperson im Notfall stellvertreten soll.

5. Wie erstelle ich einen Vorsorgeauftrag?

Der Vorsorgeauftrag muss formgültig sein, also von Ihnen persönlich erstellt und handgeschrieben. Er muss datiert und unterzeichnet sein. Alternativ können Sie ihn zusammen mit einer Notarin bzw. einem Notar schreiben und das Dokument beurkunden lassen. Ein Muster finden Sie hier.

Ein bestehender Vorsorgeauftrag kann jederzeit geändert oder widerrufen werden.

6. Wo kann ich einen Vorsorgeauftrag hinterlegen?

Bewahren Sie den Vorsorgeauftrag sicher auf und informieren Sie die vertretenden Personen über den Aufbewahrungsort. Zur Sicherheit können Sie den Hinterlegungsort für 75 Franken auch beim Zivilstandsamt melden und im Personenstandsregister eintragen lassen.

Alternativ können Sie das Original bei Organisationen wie der Caritas, Pro Senectute und der Kesb gegen eine einmalige Gebühr hinterlegen. Sie können auch von einem Notar beglaubigte Kopien anfertigen lassen und den vertretenden Personen ein Dokument geben.

7. Wann wird der Vorsorgeauftrag gültig?

Ein Vorsorgeauftrag ist erst nach einer Validierung durch die Kesb gültig. Nur dann kann die darin benannte Person die Vertretung übernehmen. Folgende Schritte sind dafür nötig.

  • Eine Ärztin oder ein Arzt muss die Urteils- bzw. Handlungsunfähigkeit der betreffenden Person offiziell bestätigen.

  • Die Kesb prüft, ob ein Vorsorgeauftrag erstellt wurde und ein Originaldokument vorhanden ist.

  • Wurden Formvorschriften eingehalten und wird die Urteilsfähigkeit zum Verfassungszeitpunkt anerkannt, ist das Dokument wirksam.

  • Die Kesb vereinbart ein Gespräch mit den Betroffenen.

  • Sie kontrolliert die vertretende Person auf Urteilsfähigkeit, ob sie den Aufgaben gewachsen ist, und klärt über die hohe Verantwortung auf. Die Kesb kann die im Vorsorgeauftrag vorgesehene Person ablehnen. Darum empfiehlt es sich, im Vorsorgeauftrag noch eine zweite Vertretungsperson zu benennen.

  • Ist die Validierung erfolgreich, wird der vorsorgebeauftragten Person eine Urkunde übergeben. Nun ist der Vorsorgeauftrag rechtsgültig und die Vertretung handlungsfähig.

  • Die vertretende Person wiederum kann den Vorsorgeauftrag ablehnen oder unter Berücksichtigung der dreimonatigen Kündigungsfrist bei der Kesb kündigen.

  • Die Kosten für die Validierung variieren sehr stark. In Solothurn ist sie gratis, in Liestal liegt der praktizierte Richtwert bei 1'200 Franken. Verschiedene Kesb-Stellen publizieren keine Richtwerte für ihre Gebühren.

Die für die Vorsorge beauftragte Person muss jederzeit über ihre Geschäftsführung Rechenschaft ablegen können. Es wird jedoch keine regelmässige Berichterstattung gegenüber der Kesb verlangt. Die Behörde schreitet nur ein, wenn Sie eine Meldung erhält.

8. Was passiert, wenn kein Vorsorgeauftrag vorhanden ist?

In einer Ehe erhält Ihre Partnerin oder Ihr Partner auch ohne einen Vorsorgeauftrag Vertretungsrecht für alltägliche Handlungen, also das Einkaufen oder Bezahlen der Stromrechnung oder Krankenkassenprämien. Was über den einfachen Alltag hinausgeht, wie komplexe Finanzgeschäfte oder die Immobilienverwaltung, liegt nicht automatisch in der Kompetenz von Ehepartnern. Dazu benötigen auch sie einen Vorsorgeauftrag. Bei aussergewöhnlichen Rechtshandlungen (etwa dem Verkauf von Liegenschaften) braucht es eine Bewilligung der Kesb. Für Konkubinatspartner ist kein automatisches Vertretungsrecht vorgesehen.

Sind Sie alleinstehend, ist es Aufgabe der Kesb, einen Verwandten oder eine externe Person für eine externe Beistandschaft zu organisieren.

Quellen:

Dieser Artikel wurde erstmals produziert am 15.05.2019

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