Angst- und Panikstörung: Was kann ich tun?

Angststörungen sind eine seelische und körperliche Belastung, die einen normalen Alltag unmöglich machen können. Comparis klärt über die generalisierte Angststörung und die Panikstörung auf und beantwortet die wichtigsten Fragen.

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Julia Strachowitz

01.02.2022

Mann mit Angststörung steht auf dem Berg

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Wenn Angst und Panik zum Alltag werden. Fast ein Drittel aller Erwachsenen in der Schweiz kennt dieses Problem. Doch was genau sind Angst- oder Panikstörungen und was kann man dagegen tun? 

1.Was sind Angststörungen?
2.Was ist eine generalisierte Angststörung?
3.Was ist eine Panikstörung?
4.Was sind die Ursachen von Angststörungen?
5.Was hilft bei Angststörungen?

Was sind Angststörungen?

In vielen Situationen ist es normal und gesund, Angst zu empfinden. Für manche Menschen wird Angst jedoch zu einem Problem, das die Fähigkeit, im Alltag zurechtzukommen, stark einschränkt. Rund 28,8 Prozent aller Erwachsenen leiden einmal in ihrem Leben an Symptomen einer Angststörung. 

Die fünf wichtigsten Formen der Angststörung sind die generalisierte Angststörung, die Panikstörung, Phobien, Zwangsstörungen und die posttraumatische Belastungsstörung. Lesen Sie dazu auch den Artikel über PTBS. Dieser Beitrag beantwortet die wichtigsten Fragen zur generalisierten Angststörung und Panikstörung. Beide Störungen zeichnen sich dadurch aus, dass Angst über einen bestimmten Zeitraum empfunden wird, ohne eine reale Bedrohung auszumachen. Die Ängste können dabei nicht kontrolliert oder beiseitegeschoben werden. Die betroffene Person ist gezwungen, ihre volle Aufmerksamkeit auf die Quellen der Angst zu richten. Sozialen oder beruflichen Verpflichtungen kann dadurch nicht nachgekommen werden. Zudem tauchen körperliche Symptome wie etwa Muskelverspannungen oder Konzentrationsschwierigkeiten auf.

Was ist eine generalisierte Angststörung?

Die generalisierte Angststörung wird diagnostiziert, wenn eine Person ohne ersichtlichen Grund über sechs Monate oder länger ein Gefühl der Ängstlichkeit erlebt. Die Besorgnis kann sich dabei um bestimmte Lebensumstände drehen wie etwa die eigenen Finanzen oder den Gesundheitszustand einer geliebten Person. Die Sorgen stehen dabei jedoch in keinem Zusammenhang mit einer realen Bedrohung. Je nach Individuum variiert der Ausdruck der Angst. Damit eine generalisierte Angststörung vorliegt, müssen mindestens drei weitere Symptome zum Ausdruck kommen (z.B. Muskelverspannungen, leichte Ermüdbarkeit, Ruhelosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, leichte Reizbarkeit, Schlafstörungen). Weil sich die Angst auf alles Mögliche konzentrieren kann (z.B. die ständige Besorgnis, dass der Ehepartner auf dem Weg zur Arbeit verunfallt) und nicht mit konkreten Anlässen in Verbindung steht, spricht man von einer «Generalisierung». Auch die Angst vor der Angst spielt eine grosse Rolle. Betroffene fürchten sich in einem Moment, dass ihr Kind stirbt, und im nächsten Moment, dass sie ihre Angst davor nicht mehr kontrollieren können. Die ständige Angst führt zu grossem psychischen und körperlichen Stress.

Was ist eine Panikstörung?

Im Gegensatz zur generalisierten Angststörung ist die Angst bei einer Panikstörung nicht ständig präsent. Sie tritt völlig unerwartet in bestimmten Situationen auf, wie z.B. beim Einsteigen ins Tram. Die Angst ist so stark, dass man auch von einer Panikattacke spricht. Diese dauert nur wenige Minuten, wird aber sehr intensiv erlebt. Eine Panikstörung wird dann diagnostiziert, wenn eine Person wiederholt unerwartet von Panikattacken befallen wird und in ständiger Besorgnis vor der nächsten lebt. Eine Attacke wird von Herzrasen, Schwindel, Benommenheit oder Erstickungsgefühlen begleitet.

Die Störung kann gemeinsam mit der sogenannten Agoraphobie auftreten. Das ist die Angst vor öffentlichen Plätzen oder grossen Räumen, wo Rückzug und Flucht zur schwer möglich sind. Die Agoraphobie geht mit der Angst einher, plötzlich in Schwierigkeiten zu geraten und keine Hilfe zu erhalten. Häufig fürchten sich Betroffene, ihren Harndrang nicht mehr kontrollieren zu können oder von einer Panikattacke befallen zu werden, was sie in eine in ihren Augen peinliche Situation bringt.

Was sind die Ursachen von Angststörungen?

Für die Erklärung der Angststörung werden drei Modelle der Psychologie angewandt.

Aus biologischer Sicht entstehen Angststörungen teils durch unsere evolutionäre Vergangenheit. Der Ausschluss aus der Gemeinschaft oder der Verlust eines Familienmitglieds hatten damals erhebliche Auswirkungen auf die Überlebenschancen unserer Vorfahren. Diese Urangst steckt dem Menschen heute noch in den Knochen. Auch Serotonin-Stoffwechselstörungen im Gehirn werden mit Angststörungen in Verbindung gebracht und können Auslöser sein. Bestimmte Medikamente helfen bei Angststörungen, weil sie das Serotoninniveau im Gehirn beeinflussen und die Panik senken. Zudem können Angststörungen genetische Gründe haben. Wichtig ist hierbei jedoch, dass Umwelt und erbliche Anlagen immer miteinander in Verbindung stehen. Eine Angststörung kann, muss aber nicht ausbrechen, wenn sie vererbt wird.

Aus psychodynamischer Sicht sind Angststörungen der Versuch, die eigene Psyche vor Schmerz zu bewahren. Panikattacken sind demzufolge das Ergebnis von unbewussten Konflikten. Im Moment der empfundenen Angst rückt ein Problem aus der Vergangenheit vom Unterbewussten ins Bewusste und löst eine Attacke aus.

Aus kognitiver Sicht interpretieren Menschen mit einer Angststörung ihr eigenes Leiden als Anzeichen einer bevorstehenden Katastrophe. Ein Teufelskreis entsteht: Die Betroffenen bemerken ihre Angst, schlussfolgern dass eine Katastrophe naht, empfinden als Reaktion darauf noch mehr Angst, schätzen die Umgebung als gefährlich ein und fühlen sich schliesslich in ihren ursprünglichen Befürchtungen bestätigt.

Was hilft bei Angststörungen?

Von Angststörungen Geplagte sollten sich schnell professionelle Hilfe holen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Behandlung.

  • Psychotherapie: Die Unterstützung durch einen Psychotherapeuten oder eine Psychotherapeutin hilft langfristig dabei, das Leben wieder ohne Angst zu gestalten. Verfahren wie die kognitive Verhaltenstherapie haben sich hier bewährt. Lesen Sie hierzu den Artikel Therapiearten mit einem Überblick zu den verschiedenen Verfahren.

  • Medikamente: Die Ursache von Angst kann in einem Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn liegen. Dazu zählen Serotonin, Noradrenalin und Gamma-Aminobuttersäure. Medikamente, die den Abbau von Serotonin hemmen, können Angst und Panikattacken verhindern. Das Gleiche gilt für Noradrenalin. Die Verabreichung von Medikamenten, die Gamma-Aminobuttersäure enthalten, kann die ständig empfundene Angst senken. Um eine Medikamentenabhängigkeit zu vermeiden, braucht es eine Betreuung durch eine ärztliche oder psychotherapeutische Fachperson.

  • Entspannungsverfahren: Progressive Muskelentspannung, Yoga, Atemübungen, autogenes Training, Meditation oder Qigong können dabei helfen, die Angst zu lindern. Häufig werden sie im Rahmen psychotherapeutischer Behandlungen begleitend eingesetzt.

  • Selbsthilfe: Der Austausch mit anderen Betroffenen hilft dabei, den Umgang mit der Angststörung zu bewältigen. Auf der Webseite von Selbsthilfe Schweiz finden sich landesweit viele Gruppen zum Thema Angst und Panik. Die Angst- und Panikhilfe Schweiz (APHS) bietet Hilfe und Beratung für Betroffene und Angehörige. Die Pro Mente Sana bietet eine kostenlose Hotline an, unter der psychosoziale Berater und Beraterinnen erreicht werden können. InCLOUsiv ist eine Austauschplattform zur psychischen Gesundheit mit über 1'100 Mitgliedern. Die Schweizerische Gesellschaft für Angst & Depressionen (SGAD) bietet eine hilfreiche Informationsplattform für psychische Krankheiten.

Quellen

  • Gerrig, R. J. (2016). Psychologie (20. Auflage). Hallbergmoos, Deutschland: Pearson

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