Selbstständig in der Schweiz als Deutscher: Tipps

Ausländische Selbstständige in der Schweiz: Welche Regeln gelten? Welche Versicherungen brauchen Sie? Comparis klärt auf.

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Magdalena Soll

18.04.2024

Eine Frau sitzt in Selbstständigkeit arbeitend vor ihrem Laptop.

iStock / Drs Producoes

1.Selbstständigkeit in der Schweiz: Was bedeutet das?
2.Selbstständig in der Schweiz als Ausländer: Muss ich mich anmelden?
3.Wichtige Pflichten für Selbstständige in der Schweiz
4.Wichtige Versicherungen für Selbstständige in der Schweiz

1. Selbstständigkeit in der Schweiz: Was bedeutet das?

Selbstständigkeit heisst: Sie nehmen mit Gewinnabsicht mit eigenem Risiko am Wirtschaftsverkehr teil. Dabei gilt:

  • Selbstständige Handeln unter eigenem Namen auf eigene Rechnung. Sie treten nach aussen hin mit Ihrem Firmennamen auf. Sie schreiben Rechnungen für Ihre Arbeit.

  • Sie tragen die Unkosten und das Verlustrisiko Ihrer Selbstständigkeit. Das heisst: Ist Ihre Firma nicht gewinnbringend, zahlen Sie den Verlust von Ihrem eigenen Geld.

  • Sie sind für mehrere Auftraggebende tätig. Sie sind wirtschaftlich nicht nur von einer Auftraggeberin oder einem Auftraggeber abhängig.

Gemäss SVA Aargau gelten folgende Rechtsformen als Selbstständigkeit:

Anders sieht es aus, wenn Sie eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Aktiengesellschaft (AG) gründen. In dem Fall gelten Sie als Angestellte oder Angestellter Ihrer Firma.

Ab wann gelte ich als selbstständig?

Die AHV-Ausgleichskasse bestimmt über den Status der Selbstständigkeit. Das heisst: Sie prüft, ob Sie die Kriterien für eine Selbstständigkeit erfüllen. Ist das der Fall, müssen Sie die Sozialversicherungsbeiträge für Selbstständigerwerbende zahlen.

Die Ausgleichskasse beachtet bei der Beurteilung meist zusätzlich noch folgende Kriterien:

  • Tätigen von erheblichen Investitionen: Sie kaufen etwa den für die Arbeit benötigten Laptop selber. Sie bekommen ihn von niemandem gestellt.

  • Sie verfügen über eigene Geschäftsräume. Das kann auch ein Home-Office sein.

  • Sie beschäftigen Mitarbeitende.

  • Sie bestimmen frei über Ihre Arbeitsbedingungen. Dazu zählt auch, wann und wo Sie arbeiten.

  • Sie sind niemandem unterstellt – auch nicht Ihren Auftraggebenden.

Sie müssen für die Selbstständigkeit nicht alle Kriterien erfüllen.

Scheinselbstständigkeit

Scheinselbstständig heisst: Sie stehen unter der Autorität einer Arbeitgeberin oder eines Arbeitgebers. Beispiel: Sie sind für ein Projekt bei einer Firma angestellt, müssen aber zu festen Arbeitszeiten im Büro sein.

Bei einer Scheinselbstständigkeit stehen Sie in einem ähnlichen Verhältnis wie Arbeitnehmende. Sie haben aber nicht den gleichen sozialen und rechtlichen Schutz.

Im Fall einer Scheinselbstständigkeit können Sie gegen Ihre oder Ihren Arbeitgebenden vorgehen. So können Sie Ihre Rechte einfordern. Hier lohnt sich eine Rechtsschutz-Versicherung.

Rechtsschutz-Versicherungen vergleichen

2. Selbstständig in der Schweiz als Ausländer: Muss ich mich anmelden?

Wie auch Angestellte müssen sich Selbstständige in der Schweiz anmelden. Für Bürgerinnen und Bürger aus EU-/Efta-Staaten gibt es unterschiedliche Meldepflichten für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit. Sie richten sich nach der Dauer der Tätigkeit in der Schweiz.

Für die Aufnahme der Arbeit genügt eine Meldung mit einem Online-Formular (Registrierung erforderlich). Das müssen Sie in der Regel bis spätestens acht Tage vor Arbeitsbeginn machen.

Sie möchten längerfristig einer geschäftlichen Tätigkeit in der Schweiz nachgehen? Dann müssen Sie beim kantonalen Migrationsamt ein Gesuch für eine selbstständige Tätigkeit stellen.

Mit Nachweis einer selbstständigen Tätigkeit haben Sie Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung. Diese erhalten Sie nach erfolgter Anmeldung bei der Wohngemeinde.

Wohnen Sie bereits in der Schweiz und haben Sie eine B-EU-/Efta-Bewilligung? Dann dürfen Sie jederzeit eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen. Wechseln Sie von einer Anstellung in die Selbstständigkeit, müssen Sie das der zuständigen Einwohnerkontrolle melden.

Selbstständig machen als Bürger eines Drittstaates

Sind Sie aus einem Nicht-EU-/Efta-Land und möchten sich selbstständig machen? Dann geht das nur in folgenden Situationen:

  • Sie haben bereits eine Niederlassungsbewilligung C.

  • Sie sind mit einer Person mit C-Bewilligung verheiratet.

  • Sie sind mit einer Schweizerin oder einem Schweizer verheiratet.

Als Bürgerin oder Bürger aus einem Drittland mit B-Bewilligung können Sie sich im Normalfall nicht selbstständig machen.

Ab wann muss ich Selbstständigkeit anmelden in der Schweiz?

Selbstständige in der Schweiz sind ab 100'000 Franken Umsatz im Jahr mehrwertsteuerpflichtig. Ab 100'000 Franken Umsatz im Jahr müssen Selbstständige sich als Einzelfirma ins Handelsregister eintragen. Sie können sich aber auch schon vorher freiwillig eintragen lassen.

3. Wichtige Pflichten für Selbstständige in der Schweiz

Selbstständige in der Schweiz müssen sich selbst um Vorsorge und Versicherungen kümmern. Das gilt auch für die Sozialversicherung.

Anmeldung AHV/IV

Zwei obligatorische Versicherungen für Selbstständige sind:

Sie müssen sich dort also anmelden. Im Unterschied zu Angestellten bezahlen Sie Ihre Sozialversicherungsbeiträge vollständig selbst.

Wichtig: Als selbstständige Person können Sie sich nicht bei der ALV gegen Arbeitslosigkeit versichern.

Familienausgleichskasse

Als selbstständige Person müssen Sie sich der Familienausgleichskasse Ihres Kantons anschliessen. Sie zahlen dann Familienzulagen auf Ihr AHV-pflichtiges Einkommen.

Je nach Kanton und Familienausgleichskasse ändert sich der Beitragssatz. Aber: Sie zahlen nur Familienzulagen für den Teil des Einkommens, der 148’200 Franken nicht übersteigt.

Steuern

Als selbstständige Person in einer Einzelfirma zahlen Sie Ihre Steuern mit Ihrer privaten Steuererklärung. Das heisst: Sie geben das Einkommen Ihrer Firma auf der Steuererklärung an.

Wichtig: Sind Sie selbstständig mit B-Bewilligung, müssen Sie auch eine Steuererklärung ausfüllen. Sie zahlen keine Quellensteuer.

4. Wichtige Versicherungen für Selbstständige in der Schweiz

Es gibt einige obligatorische Versicherungen – besonders, wenn Sie Personal beschäftigen.

Pflichtversicherungen für Selbstständige

Sie müssen Beiträge an die Erwerbsersatzordnung (EO) leisten. Die EO finanziert unter anderem Mutterschafts- und Vaterschaftsentschädigungen. Ausserdem zahlt sie Erwerbsausfälle von Militärdienstleistenden.

Alle in der Schweiz wohnhaften Personen müssen eine Krankenkassen-Grundversicherung abschliessen.

In der Schweiz können Sie zwischen unterschiedlichen Krankenkassen wählen. In der Grundversicherung ist das Angebot bei allen Krankenkassen gleich.

Die Kosten für die Grundversicherung können jedoch stark variieren. Vor dem Abschluss einer Police sollten Sie deshalb unbedingt Krankenversicherungen vergleichen.

Haben Sie Personal, müssen Sie eine Berufsunfall-Versicherung abschliessen. Ab acht Stunden Arbeitszeit pro Woche müssen Sie auch eine Nichtberufsunfall-Versicherung abschliessen.

Selbstständige können sich privat bei der Krankenkasse oder über die Firma gegen Unfälle versichern.

Für Personal müssen Sie allenfalls die berufliche Vorsorge (BVG) versichern. Das gilt für Angestellte mit einem Jahreslohn von mehr als 22’050 Franken (Stand 2024).

Die Berufshaftpflicht-Versicherung versichert Sie gegen Schäden durch Ihre berufliche Tätigkeit. Für einige Berufsgruppen ist eine Berufshaftpflicht-Versicherung vorgeschrieben. Das sind etwa Ärztinnen und Architekten. Für andere Berufsgruppen ist sie freiwillig.

Freiwillige Versicherungen für Selbstständige in der Schweiz

Selbstständig Erwerbende können freiwillig eine Unfallversicherung abschliessen. Damit versichern Sie auch Ihre nicht obligatorisch versicherten mitarbeitenden Familienmitglieder. Der Schutz der freiwilligen Versicherung geht über den der obligatorischen Unfallversicherung hinaus.

Mit diesen Versicherungspolicen werden unter anderen Spital- und Heilungskosten übernommen. Die Versicherungen decken aber auch ein Unfalltaggeld von 80 Prozent des versicherten Lohns. Zusätzlich bekommen Sie im Invaliditätsfall eine lebenslange Invalidenrente.

Bei Krankheit übernimmt die Grundversicherung der Krankenkasse zwar die Heilungskosten. Doch für Lohnfortzahlungen müssen sich selbstständig Erwerbende selbst organisieren. 

Den entsprechenden Versicherungsschutz bietet die Krankentaggeldversicherung. Sie zahlt Ihren Lohn ab Ausbruch der Krankheit bis zu den Zahlungen der Invalidenversicherung nach zwei Jahren.

Selbstständig Erwerbende haften für Schäden aus ihrer Berufstätigkeit. Darum ist eine Betriebshaftpflichtversicherung sinnvoll. Sie können zusätzlich eine Betriebsrechtsschutzversicherung zur Abwehr von unberechtigten Forderungen abschliessen.

Falls Sie für die Ausübung Ihrer Tätigkeit eigene Arbeitsräume brauchen, benötigen Sie eine Versicherung zur Deckung von

  • Diebstahl

  • Glasbruch

  • Feuer- und Wasserschäden

Schäden an Gebäuden oder Anlagen können zu Zwangspausen in der Produktion führen. Für solche Fälle können Sie den Abschluss einer Betriebsunterbrechungsversicherung erwägen.

Es gibt auch spezielle Maschinen- und EDV-Versicherungen. Die decken etwa Schäden an technischen Anlagen und Computersystemen.

Selbstständige müssen selbst für ihre Finanzierung im Alter sorgen. Die AHV-Rente sichert nur die Existenz. Für die Fortführung der gewohnten Lebenshaltung benötigen Sie zusätzliche Vorsorgegelder.

Als selbstständig erwerbende Person können Sie sich freiwillig einer Vorsorgeeinrichtung der 2. Säule anschliessen. Dafür muss Ihr Einkommen mindestens 22'050 Franken betragen (Stand 2024).

Als Alternative zur 2. Säule haben Sie die Möglichkeit, jährlich bis zu 20 Prozent Ihres Einkommens bzw. maximal 35'280 Franken (Stand 2024) in die steuerlich begünstigte gebundene Vorsorge 3a einzuzahlen.

Dieser Artikel wurde erstmals produziert am 15.06.2009

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