Altersvorsorge 2020 – Was bedeutet die Reform für mich?

Es ist eines der grössten und wichtigsten Reformprojekte der letzten Jahre: die Abstimmung am 24. September 2017. Doch wie soll man sich entscheiden? Mit Prof. Dr. Lukas Müller von der Universität St. Gallen haben wir den Comparis-Abstimmungsrechner entwickelt. Dieser zeigt, was die Reform für Sie persönlich bedeutet.

17.08.2017

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Eine Frage des Abwägens: Die Abstimmung zur Altersreform 2020 am 24. September 2017.

comparis

Am 24. September stimmt die Schweiz über die Altersvorsorge 2020 ab, eines der grössten und wichtigsten Reformprojekte der letzten Jahre. Rechtzeitig zur bevorstehenden Abstimmung hat comparis.ch zusammen mit Prof. Dr. Lukas Müller von der Universität St. Gallen den Comparis-Abstimmungsrechner entwickelt. Dieser zeigt, was die Reform für Sie persönlich bedeutet.

1.Über was wird am 24. September 2017 abgestimmt?
2.Positionen der Politik
3.Wer profitiert von der Reform?

Unsere Altersvorsorge steht vor einer grossen Herausforderung: Immer weniger Beitragszahlende müssen immer mehr Rentnerinnen und Rentner finanzieren. Durch die demografische Entwicklung – mehr Pensionierte durch die Babyboomer-Generation und eine praktisch stagnierende Geburtenrate seit 1975 – wird das Umlageverfahren der AHV aus dem Gleichgewicht gebracht. 

Aber nicht nur die erste Säule der Altersvorsorge steht vor Herausforderungen, sondern auch die zweite Säule, die berufliche Vorsorge. Einerseits muss das eigene Alterskapital aufgrund der steigenden Lebenserwartung länger reichen. Andererseits führen die derzeitigen tiefen Zinsen dazu, dass das Kapital nicht mehr die Erträge einbringt, die es zur Finanzierung der laufenden Renten braucht. So gesehen bezahlen die Erwerbstätigen die rechnerisch zu hohen Renten der Pensionierten, da laufende Renten nicht mehr gekürzt werden können. Umverteilung ist jedoch in der 2. Säule nicht vorgesehen, da jeder Erwerbstätige für sich selber sparen soll (Kapitaldeckungsverfahren).

Über was wird am 24. September 2017 abgestimmt?

Um diesen Problemen entgegenzuwirken und beide Säulen bis 2030 zu stabilisieren, wird nun am 24. September abgestimmt. Denn ohne eine Lösung würde das Defizit der AHV bis 2030 auf sieben Milliarden anwachsen und die Umverteilung in der zweiten Säule weiterhin auf hohem Niveau fortbestehen. 

Die Reform «Altersvorsorge 2020 besteht aus zwei separaten Vorlagen, die miteinander verknüpft sind (Reform Altersvorsorge & Erhöhung Mehrwertsteuer). Das heisst, wird eine der beiden Vorlagen abgelehnt, scheitert die ganze Reform. Die Altersreform ist ein Kompromiss von Stände- und Nationalrat. Sie beinhaltet folgende Punkte:

Referenzalter 65 für Frauen

Erhöhung des Referenzalters der Frauen von 64 auf 65 Jahre in der AHV und in der beruflichen Vorsorge. Somit gilt ab 2021 für Frauen und Männer ein einheitliches Referenzalter von 65 Jahren. Referenzalter heisst: Wer mit 65 in Rente geht, erhält die AHV- und PK-Rente ohne Abzüge oder Zuschläge.

Flexibles Pensionsalter zwischen 62 und 70 Jahren

Möglichkeit des Rentenbezuges zwischen 62 und 70 Jahren mit entsprechenden Zuschlägen oder Rentenkürzungen.

AHV-Rente wird um 70 Franken erhöht

Alle Neurentner erhalten zum Ausgleich 70 Franken mehr AHV. Gleichzeitig wird der Plafond der AHV-Renten für Ehepaare von 150 auf 155 Prozent erhöht. Damit würde die maximale Ehepaarrente von heute 3525 auf 3751 Franken steigen.

Sinkender Umwandlungssatz in der Pensionskasse auf 6 Prozent

Der Mindestumwandlungssatz zur Berechnung der Leistungen der Pensionskassen soll von 6,8 auf 6 Prozent gesenkt werden. Die bereits laufenden PK-Renten sind davon nicht betroffen.

Ausgleichsmassnahmen innerhalb der 2. Säule

Der Koordinationsabzug wird gesenkt, die Sätze für die Altersgutschrift teilweise leicht erhöht. Die Übergangsgeneration der 45-Jährigen und Älteren erhält Zuschüsse aus einem Sicherheitsfonds, da die Zeit zu kurz ist, diese selbst zu erarbeiten. 

0,3 Prozentpunkte mehr Lohnabzüge

Die Mehrausgaben durch den 70-Franken-Zuschuss und den höheren Ehepaarplafond müssen auch finanziert werden. Daher werden die AHV-Lohnabzüge um 0,3 Prozentpunkte erhöht.

0,6 Prozentpunkte mehr Mehrwertsteuer

Die 0,3 Mehrwertsteuerprozent, die bis anhin für die Sanierung der Invalidenversicherung eingesetzt werden, sollen ab 2018 der AHV zugutekommen. Ab 2021 steigt der Mehrwertsteuersatz um weitere 0,3 Prozentpunkte auf 8,3 Prozent. Somit wird die MwSt. zugunsten der AHV um 0,6 Prozentpunkte erhöht, die nötig sind, um die AHV bis 2030 zu sanieren. Wird die Vorlage «Zusatzfinanzierung der AHV durch Erhöhung der Mehrwertsteuer abgelehnt, so sinkt die Mehrwertsteuer von zurzeit 8 Prozent auf 7,7 Prozent, was die AHV in ernsthafte Schieflage bringen dürfte.

Die aufgeführten Massnahmen sollen bewirken, dass jährlich rund fünf Milliarden Franken Mehreinnahmen bis 2030 entstehen.

Positionen der Politik

Pro: Der Bundesrat und die Mehrheit des Parlaments aus BDP, CVP, SP, Grünen und Grünliberalen erachten die Reform als guten Kompromiss. Die Reform sorge dafür, dass die AHV und die Säule 2 bis zum Jahr 2030 auf eine solide Basis gestellt werden. Sie verbessert vor allem die Vorsorgeposition bei Wenigverdienern und Teilzeitangestellten. Aus Sicht der Befürworter führt kein Weg daran vorbei, dass alle Bürger einen Beitrag leisten.

Contra: Die FDP und die SVP sind gegen die Reform, da sie in ihren Augen keine Lösung bringt. Die Reform sei unfair der jungen Generation gegenüber, weil sie am meisten einbezahlen werden müssen und am wenigsten davon haben werden. Der 70-Franken-Zuschlag für Neurentner kommt zudem einem Ausbau der AHV gleich, den sich die Schweiz nicht leisten könne.

Wer profitiert von der Reform?

Wer von der Reform profitiert oder nicht, hängt vor allem von drei Faktoren ab: Einkommen, Alter und Geschlecht. 

Am härtesten wird es die Jungen und auch die mittleren Jahrgänge (1974 und jünger) treffen. Diese profitieren nicht von den Zuschüssen aus dem Sicherheitsfonds (Besitzstandgarantie), diese kommen nur der «Übergangsgeneration (Personen bis und mit Jahrgang 1973) zugute. Die Überlegung dahinter: Der Übergangsgeneration fehlt es an Zeit, ihr Altersguthaben mit eigenem Ersparten zu kompensieren. Zudem werden auch Frauen stark betroffen sein, da sie mit der Angleichung des Rentenalters ein Jahr länger arbeiten müssen. 

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