ADHS bei Kindern und Erwachsenen
ADHS kann bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen auftreten. Die Therapieerfolge sind umso grösser, je früher eine Abklärung stattfindet. Comparis beantwortet die wichtigsten Fragen.
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1. Was heisst ADHS?
ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Sie zeichnet sich durch eine erschwerte Konzentration und eine kurze Aufmerksamkeitsspanne sowie durch übermässige Aktivität und Impulsivität aus und ist eine Hirnfunktionsstörung. Es wird davon ausgegangen, dass ADHS teils genetisch bedingt ist. Das heisst, das Risiko, eine ADHS zu entwickeln, ist zum Teil angeboren. Die Leistungsfähigkeit und die kindliche Entwicklung sind dadurch beeinträchtigt. Die Hauptsymptome umfassen:
Unaufmerksamkeit: Die Betroffenen sind vorwiegend unaufmerksam, verträumt und langsam (liegen nur diese Symptome vor, spricht man von ADS, siehe unten)
Hyperaktivität: Die Betroffenen sind vorwiegend hyperaktiv-impulsiv, Unruhe und Zappeln treten häufig auf
Kombiniert: Die Betroffenen zeigen Ausprägungen beider Störungen
2. Was ist der Unterschied zwischen ADHS und ADS?
ADS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom. Menschen mit ADS sind unkonzentriert und unaufmerksam. Sie leiden aber nicht unter Hyperaktivität.
Es treten die gleichen Probleme im Berufsleben und in der Schule auf. Durch die fehlende Hyperaktivität fallen Betroffene allerdings weniger auf. Folgende Symptome können ADS zugeordnet werden:
Langsamkeit und Verträumtheit
Schüchternheit und Ängstlichkeit
Empfindlichkeit und Sensibilität
3. Was sind ADHS-Symptome?
ADHS drückt sich durch verschiedene Probleme aus, die das Leben der Betroffenen stark einschränken. Gemäss dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5) treten folgende Symptome auf:
Aufmerksamkeit kann nicht auf Details gelenkt werden (Flüchtigkeitsfehler)
Aufmerksamkeit kann nicht über längere Zeit aufrechterhalten werden
Zuhören fällt schwer
Anweisungen werden nicht oder nicht vollständig durchgeführt (z. B. Schularbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz)
Probleme bei der Planung von Aufgaben und Aktivitäten
Abneigung gegen Aufgaben, die länger andauern (z. B. Hausaufgaben)
Verlust von Gegenständen, die für Aktivitäten benötigt werden (z. B. Spielzeug, Schlüssel)
Leichte Ablenkbarkeit durch äussere Reize
Vergesslichkeit bei Aktivitäten im Alltag
Zappeln mit Händen und Füssen
Aufstehen in Situationen, in denen Sitzenbleiben erwartet wird
Starkes Umherlaufen oder Klettern in unpassenden Situationen
Schwierigkeiten, ruhig zu sprechen oder sich mit etwas ruhig zu beschäftigen
Übermässiges Reden und Herausplatzen mit Antworten
Häufiges Unterbrechen und Stören von Gesprächen, Spielen etc.
Online Selbsttest
Sind Sie sich nicht sicher, ob Sie Hilfe brauchen? Online-Tests wie der von unserem Partner Klenico können Ihnen eine erste Einschätzung geben. Anhand eines Online-Fragebogens wird ihre psychische Belastung erhoben. Im Anschluss können Sie ein digitales Auswertungsgespräch mit einer psychologischen Fachperson buchen, in dem Sie direkt passende Behandlungsempfehlungen erhalten.
4. Voraussetzungen für eine ADHS-Diagnose
Das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5) listet verschiedene psychische Störungen auf. Dort ist auch festgelegt, wann durch Fachexperten und Fachexpertinnen eine Diagnose für ADHS gestellt werden kann. Bei folgenden Voraussetzungen liegt eine ADHS-Diagnose vor:
Kinder bis 16 Jahre leiden mindestens 6 Monate unter mindestens sechs Symptomen, welche oben genannt wurden
Erwachsene ab 17 Jahren leiden unter mindestens fünf Symptomen
Die Symptome sind vor dem 12. Lebensjahr aufgetreten
Die Symptome führen zu Einschränkungen in mindestens zwei Lebensbereichen (z. B. Schule und Arbeit)
Es liegt keine andere psychische Störung vor, welche die Symptome erklären kann
5. Ursachen von ADHS
ADHS hat eine genetische Komponente. Das heisst, das Risiko, ADHS zu entwickeln, ist teils angeboren. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Botenstoffe im Gehirn (Neurotransmitter) bei ADHS-Betroffenen verändert sind. Auch ein niedriges Geburtsgewicht, Kopfverletzungen, Eisenmangel, Bleivergiftungen sowie Kontakt mit Alkohol, Tabak oder Kokain vor der Geburt sind Risikofaktoren. Zudem können frühkindliche Erfahrungen die Ausprägung der Symptomatik stark beeinflussen. Risikofaktoren sind dabei z. B. familiäre Belastungen wie etwa eine psychische Erkrankung eines Elternteils oder familiäre Instabilität verbunden mit häufigen Streits der Elternteile.
6. ADHS bei Erwachsenen
ADHS ist eine neurologische Entwicklungsstörung. Auch wenn sie in der Kindheit entsteht, zeigen sich Symptome manchmal erst im Jugend- oder Erwachsenenalter. Je später AHDS erkannt wird, desto schwieriger ist die Diagnose. Laut dem Diagnostiksystem für psychische Störungen (DSM-5) sind etwa 2,5 Prozent der erwachsenen Allgemeinbevölkerung betroffen.
Die Aufmerksamkeitsprobleme lassen sich auch bei erwachsenen Betroffenen beobachten. Die Hyperaktivität vermindert sich meist im Jugend- und Erwachsenenalter. Viele erwachsene ADHS-Betroffene fühlen sich dennoch innerlich unruhig. Sie zeigen es jedoch nicht so stark wie in der Kindheit.
Neben den Kernsymptomen können weitere Probleme auftreten wie Desorganisation, emotionale Labilität, Stressintoleranz, gestörtes Sozialverhalten und Selbstwertprobleme.
7. ADHS-Test
ADHS und ADS können nur von Fachärztinnen und -ärzten sowie von Psychologinnen und Psychologen diagnostiziert werden. Die Diagnose ist aufwendig. Je nach Stärke der Symptome werden drei Schweregrade unterschieden (leicht, mittel, schwer). Andere Krankheitsbilder müssen ausgeschlossen werden.
Ein ADHS-Test dauert mehrere Sitzungen und kann folgende Inhalte haben:
Untersuchungsgespräch: Hier wird die Entwicklungsgeschichte des Kindes oder der Jugendlichen besprochen, inklusive Symptome und aktuelle Auffälligkeiten
Fragebögen: Ergänzend zum Gespräch werden systematisch Symptome in einem Fragebogen abgefragt
Beobachtung: Kinder und Jugendliche werden auf Auffälligkeiten wie Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit untersucht (bei Kindern werden z. B. Spielsituationen durchgeführt)
Entwicklungs- und Leistungsdiagnostik: Die Entwicklung oder Intelligenz wird mithilfe eines Tests untersucht, einzelne Fähigkeiten wie Lesen oder Schreiben können getestet werden
Körperliche Untersuchungen: Die Seh- und Hörfähigkeit wird überprüft, um andere körperliche Ursachen für die ADHS-Symptome auszuschliessen
Abschlussgespräch: In einem abschliessenden Gespräch werden die Ergebnisse gemeinsam ausgewertet.
Nur eine Abklärung durch eine Fachperson kann zu einer professionellen Diagnose führen. Sollten Sie unsicher sein, ob eine Abklärung sinnvoll ist, können Erwachsene hier einen Online-Test machen.
8. Wo finde ich Hilfe bei ADHS?
Die ADHS-Organisation elpos Schweiz hilft Ihnen mit kostenlosen telefonischen Beratungen weiter. Fachlich ausgebildete Berater und Beraterinnen mit Spezialausbildungen zu ADHS beraten Betroffene und Angehörige. Spezielle Angebote für Kinder mit ADHS bestehen (z. B. Kinderferienlager).
Die Anlaufstelle für Erwachsene mit ADHS adhs20+ hilft Betroffenen und Angehörigen. Dort finden Sie Angebote zu ADHS-Beratung, Standortgespräche, Gesprächsgruppen und Kontakte zu professionellen Fachärztinnen und -ärzten sowie zu Psychologinnen und Psychologen. Ein Online-Test hilft dabei herauszufinden, ob ein Gespräch mit einer Fachperson sinnvoll ist.
Quellen
Gerrig, R. J. & Zimbardo, P. G. (2016). Psychologie (20. Auflage). Hallbergmoos: Pearson.
Schweizerische Fachgesellschaft ADHS - Informationen zu ADHS